In Baden Württemberg sind 1985 vom 25.Juli bis 9.September Sommerferien.
Burli, Meidli und ich nutzen die 2. Ferienhälfte um eine Motorradtour nach Schweden zu machen.
Da Meidli’s Chef nicht dazu zu Bewegen ist Ihr den Samstag vor den Ferien auch frei zu geben sind wir gezwungen den Autozug von Lörrach nach Hamburg zu buchen. Anderseits wäre einfach die nächst günstigste Fähre von Kiel nach Göteborg nicht zu erreichen. Eigentlich nicht die schlechteste Lösung … Samstagnachmittag werden die Bikes im Autozug Terminal in Lörrach verladen, dann ein kurzer Fußmarsch zum Personenbahnhof und so gegen 21:00Uhr geht es dann auf Schienen gen Hamburg wo wir Früh Morgens ankommen.
Etwas zerknittert aber doch einigermaßen ausgeruht machen wir uns über das Marinemuseum in La Boe auf nach Kiel um dort die Nachtfähre nach Göteborg zu „Entern“.
Da die immer nur Kabinenweise gebucht werden kann aber keine Einzelkabinen zu vernünftigen Preisen verfügbar sind mache ich es mir bei Meidli und Burli in deren Kabine auf dem Boden bequem.
Ein weiteres Passagierpaar welches unerschütterlichen Einlass in die vermeidlich ihre Kabine fordert, kann ich auf meine damals unwiderstehlich freundliche und ruhige Art davon überzeugen, dass sie sich für die Überfahrt besser ihre wahre Unterkunft suchen sollten.
Das Abendbuffet auf „Crown Victoria“ der Stena Line ist der absolute Hit. Eine riesige Auswahl erlesener Speisen verführen dazu viel mehr zu essen als der Hunger fordert.
Trotz des mächtigen Nachtmahls und dem Bett auf dem Fußboden der kleinen 2-Kojen Kabine kann ich erstaunlich gut schlafen.
Vor Göteborg passieren wir erst einen Militärhafen und dann spannt sich eine Brücke über die Hafeneinfahrt. Kaum zu glauben dass die Fähre da unten durch passen soll. Der Kamin der Crown Victoria scheint die Brücke nur knapp zu verfehlen.
Burli und ich bringen die Motorräder aus dem Bauch des mächtigen Schiffes während sich Meidli um unser Handgepäck kümmert. Am Hafen treffen wir noch auf eine vereinsamten Yamaha-Fahrer der eine Solotour zum Nordkap hinter sich hat. Sichtlich erfreut über die offensichtlich erste Kommunikationsmöglichkeit seit Tagen oder Wochen lässt er den Frust seiner Reise hemmungslos heraus.
Vom Frühstück gut gestärkt und mit ausreichend Proviant versorgt machen wir uns bald auf den Weg von Göteborg nach Köping. Das Wetter ist blendend, die Straßen könnten etwas kurzweiliger sein aber die bunten Holzhäuser und das warme Licht hier im Norden lenken ein bisschen ab. Die schwedischen Autofahrer wechseln klaglos auf den Standstreifen wenn sie uns im Rückspiegel erkennen, auch wenn weit und breit kein Gegenverkehr zu erkennen ist. Doch Vorsicht …ich habe gelesen, dass Geschwindigkeitskontrollen hier auch via Heli durchgeführt werden.
Jahre später werde ich mich in KMeidlida wieder in diese Landschaft, das warme Licht und die Holzhäuser erinnern.
Nachdem wir Örebro passiert haben ist der Rest der Strecke nur noch ein Katzensprung. In Köping werden wir von unserer Gastgeberin und deren Kinder herzlich empfangen und erhalten ein „typisches Schwedisches Mittagessen“ aus gebratenen Lyonerstreifen mit Bratkartoffeln. Unsere Vermieterin führt uns noch durch den örtlichen Supermarkt uns so komme ich in den zweifelhaften Genuss eine Surstömming Dose, aufgebläht wie ein Football, mit bloßen Händen zu inspizieren. Das Zeug stinkt durch das Dosenblech hindurch nach verfaultem Fisch. Der Geruch lässt sich auch durch intensives Händewaschen Tagelang nicht vertreiben. Surströmming war früher Alltagsnahrung der nordschwedischen Bauern. Ausgewachsene Ostseeheringe werden in Salzlake eingelegt und gären. Einen Monat vor Verkaufsstart dann in Dosen verpackt und gären weiter bis sich Boden und Deckel der Dosen wölben. Wir haben es auf alle Fälle nicht gegessen.
Schnell lernen wir auch wie das „typische schwedische“ Essen zustande kommt. Die Preise für Fleisch, Gemüse, Käse und Obst sind enorm1Günstig kann eigentlich nur Gebäck und Kekse erstanden werden. Über alkoholische Getränke brauchen wir uns gar keine weiteren Gedanken zu machen.
Die Stöga liegt idyllisch in einer Wochenendhaussiedlung am See und ist ausgesprochen gemütlich eingerichtet.
Trinkwasser müssen wir zwar in Kanistern transportieren doch das Brauchwasser liefert der nahe See. Die Dusche wird ebenfalls mit kaltem Seewasser versorgt und kann nicht durch einen Boiler erhitzt werden. Täglich können wir daher spüren wie Wassertemperatur des Sees sinkt. Für die morgendliche Dusche ist das ja noch zu verkraften aber damit Meidli ihre langen Haare einigermaßen erträglich waschen kann benötigt sie doch jemanden der ihr mit einem großen Topf erhitzen Wassers zur Hand geht.
Leider kann ich mich nicht mehr im Detail an jede gefahrene Strecke erinnern aber so viele sehenswerte protestantische Kirchen wie hier in Schweden habe ich nie wieder besucht. Reiche Schweden haben sich früher in den meisten Kirchen ihre mächtig verzierten Gruften und Kapellen errichten lassen so dass man stundenlang stöbern und schauen könnte.
Die Straßen sind in dieser Gegend Schwedens nicht unbedingt Kurvenreich, doch laden die vielen Seen und kleinste Zufahrtsstraßen dorthin trotzdem zu ausgedehnten Touren ein. Einsame, verkehrsarme und häufig auch drittklassige Sträßchen gibt es zuhauf.
Da der Sommer in Schweden sich bereits dem Ende neigt, zeigt sich das Wetter ausgesprochen wechselhaft. Die Erste Urlaubswoche verwöhnt uns noch mit Sonnenschein vom feinsten, wird zunehmend von richtigem Aprilwetter abgelöst. Im Halbstundentakt kann sich nun wärmste Sonne von Regen und sogar Graupelschauern ablösen lassen. Eine echte Herausforderung für die damals übliche „Funktionsunterwäsche“ von MEDIMA aus Angorawolle. Wenn es richtig kalt ist wärmt diese zwar einigermaßen aber wenn es warm wird und der Schweiß sich keinen Weg nach außen bahnen kann, juckt es ganz fürchterlich.
Auf einer dieser Wetterwechseltouren passieren wir anfangs problemlos eine Verkehrskontrolle. Also aufgepassen... und richtig in einer Hofeinfahrt steht ein schwarzer Saab mit Blitzgerät. Da wir uns verfahren haben müssen wir umdrehen und die Geschwindigkeitskontrolle noch einmal berücksichtigen. Trotzdem werden wir von den ca 10 Polizisten angehalten ….nein nicht zu schnell …wo kommt ihr denn her …Schwarzwald, Motorradfahren…. wie ist es denn….. und so weiter und so weiter. Jeder der netten Beamten möchte seine Fragen los werden …und der Schweiß steht mir unter meinem Angoraoveral schon bis zum Hals.
In Stockholm können wir die Zeremonie der Wachablösung vor dem Königsschloss verfolgen, führen ein Gespräch mit einem Wachsoldaten der dann prompt von seinem Vorgesetzten nach Strich und Faden zusammengestaucht wird ….tut mir leid.
Der Besuch des Kulturhistorischen- und des Wasamuseums kann ich in Angora nicht wirklich genießen, ist aber trotz allem sehr sehenswert.
Ein weiterer Abstecher führt uns auch nach Uppsala, eine lebendige, frische Studentenstadt mit der berühmten Domkirche und demschloss.
Natürlich fahren wir auch immer wieder zu einem der vielen Seen in der Umgebung von Köping und genießen einfach die schöne Landschaft.
Örebro fahren wir auch noch einmal an. Hier ist besonders das Schloss (Örebro Slott), welches sich auf einer kleinen Insel inmitten der Statt befindet, zu erwähnen. Und natürlich den futuristischen Wasserturm.
Die Tochter der Vermieterin nimmt uns freundlicherweise zu einer örtlichen Tanzveranstaltung in Köping mit. Beeindruckend wie die Jugend vor dem ausgehen „Vorglüht“ um den horrenden Bierpreisen in der Gaststätte ein Schnäppchen zu schlagen. Beeindruckend auch wie die Polizei die Entsorgung der Alkoholgeschädigten organisiert hat.
Leider vergeht die Zeit wieder viel zu schnell, denn trotz des mangels an knackigen Kurven war der Aufenthalt in Schweden sehr beeindruckend. Wer die Tour mit einem Cruiser, Nacked Bike oder Tourer angeht ist sicherlich gut bedient, wer aber mit einem Sportler antritt wird nicht glücklich werden.
Als wir die Heimreise antreten hat sich der Sommer endgültig verabschiedet. Trocken kommen wir zwar bis nach Göteborg aber der auffrischende Sturm, welcher Tags drauf den Fährverkehr zum erliegen bringt, ist schon zu spüren.
Wieder teilen wir uns eine zweier Kabine und müssen leider feststellen, dass wir offensichtlich die Jüngsten Passagiere der Fähre sind. Horden von Rentnern drängeln sich am Eingang zum Buffet welches im Fährpreis enthalten ist. Als wir die Schlacht der Senioren um die Schnittchen sehen, beschließen wir uns alternativ in dem guten aber teuren Bordrestaurant zu verköstigen.
In Kiel beschließen wir noch einmal nach La Boe zu fahren um das Marinemuseum genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Besichtigung der U 995 muss auch noch sein bevor wir uns auf die verregnete Autobahn gen Lörrach machen. In Kassel geben wir, nass wie die Ratten auf, suchen uns eine drittklassige Unterkunft mit ebenso zu klassifizierender Speisekarte. Aber Hauptsache trocken und ein Bett.
Anderntags können wir uns, wieder in Baden Württemberg angekommen, endlich aus der Regenkombi schälen und bei wärmender Septembersonne die restlichen Autobahn-Km hinter uns bringen. Wie war das noch mal mit dem Reisezug …?????
Föteli däzue gibt's do ....sin aber ruckwärds glade !